Kommunales Backhaus: Nachbar sind Rauchgase zumutbar

Urteil zu Rauchbelästigung
Urteil zu Rauchbelästigung

Ein Nachbar, der ca. 10 m von einem Backhaus entfernt wohnt und die Rauch- und Geruchsbelästigungen durch die Nutzung des Backhauses rügt, hat keinen Anspruch auf weitere Einschränkungen der Betriebszeiten des Backhauses und auf weitere Maßnahmen zur Vermeidung der Rauchgase.

Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem rechtskräftigem Urteil entschieden.


Urteil zu RauchbelästigungDas (kommunale) Backhaus existiert seit 1847 im Zentrum eines Ortsteils von Weilheim und wird seit dieser Zeit genutzt. Eine wegen der Nachbarbeschwerden von der Gemeinde eingeführte Benutzungsordnung mit Beschränkung der Nutzungszeiten (Backtage: Mittwoch bis Freitag von 6 bis 18 Uhr und samstags bis 15 Uhr) und auch eine technische Nachrüstung der Anlage (u.a. Erhöhung des Schornsteins, Optimierung der Abgasverbrennung) hatten nicht zur Befriedung geführt.

Mit seiner Klage vertritt der Kläger die Auffassung, dass die Stadt die Benutzungszeiten weiter auf (nur) maximal drei Tage in der Woche einschränken und den Samstag im vierzehntägigen Wechsel als Backtag ausschließen müsse, um unzumutbare Geruchs- und Rauchbelästigungen zu vermeiden. Die stark beißenden und stechenden Geruchsimmissionen griffen in erheblicher Weise auf seine Gesundheit und die Lebensqualität ein. Die Feinstaubbelastung bei Holzfeuerungen sei hoch und widerspreche u.a. der EU-Feinstaubrichtlinie. Außerdem liege ein Verstoß gegen die Geruchsimmissionsrichtlinie vor. Ihm sei es nicht zumutbar, seine Fenster viermal pro Woche geschlossen zu halten.

Dem ist die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt. Die vom Backhaus ausgehenden Rauch- und Geruchsimmissionen seien für den Kläger zumutbar und damit keine schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Sie seien nach Art, Ausmaß und Dauer nicht geeignet, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Kläger herbeizuführen. Die vom Backhaus ausgehenden Immissionen überschritten weder die Grenzwerte der Geruchsimmissionsrichtline noch die der EU-Feinstaubrichtlinie, wonach der über den Tag gemittelte Immissionsgrenzwert für Partikel PM10 50 Mikrogramm pro Kubikmeter bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr beträgt. Aufgrund des Umstandes, dass vom Backhaus nur in der Anheizphase in wenigen Stunden derartige Immissionen auf das 10 m entfernte Wohnhaus des Klägers einwirkten, bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Grenzwerte überschritten werden könnten. (Urteil vom 21.12.2012, 2 K 2749/09)

Auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände könne das Gericht nicht feststellen, dass von dem Backhaus schädliche Umwelteinwirkungen auf das Wohnhaus des Klägers ausgingen. In dem Backhaus, das im Ortskern in traditioneller Weise seit dem Jahr 1847 existiere, werde seit jeher gebacken, ohne dass diese Nutzung zwischenzeitlich einmal aufgegeben worden wäre. Damit unterscheide sich das Backhaus deutlich von anderen Backhäusern, die teilweise über Jahre oder Jahrzehnte nicht betrieben worden seien. Das Backhaus präge das Ortsbild und sei schon vorhanden gewesen, als der Kläger seine Wohnung bezogen habe, weshalb er in etwas höherem Maße Geruchseinwirkungen hinnehmen müsse. Auch falle die über 150-jährige im Gemeindeinteresse liegende Backtradition als Ausdruck der Herkömmlichkeit und Ortsüblichkeit ins Gewicht. Die Stadt habe den Beschwerden des Klägers insoweit Rechnung getragen, als im Jahr 2009 erstmals eine Benutzungsordnung vom Gemeinderat in Kraft gesetzt und die Backzeit eingeschränkt worden sei.

Im Übrigen könne der Kläger durch einfache Maßnahmen wie das Schließen der Fenster beim Auftreten von Immissionen während der Anheizphase das Eindringen des Rauches in seine Wohnung weit-gehend verhindern. Soweit er geltend mache, er könne Balkon und Garten nicht uneingeschränkt nutzen, es wäre nicht möglich Wäsche im Freien aufzuhängen und er habe einen erhöhten Reinigungsbedarf seines Gebäudes, handele es sich dabei um bloße Lästigkeiten, nicht aber um erhebliche Beeinträchtigungen.

QUELLE: Verwaltungsgericht Stuttgart (Pressemitteilung)