Schaden durch Überschwemmung: Aus Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde folgert keine völlige Gefahrlosigkeit

Urteil zur Verkehrssicherungspflicht von Gemeinden
Urteil zur Verkehrssicherungspflicht von Gemeinden

Urteil zur Verkehrssicherungspflicht von GemeindenDie Klage einer Autofahrerin, die auf einer überfluteten Straße in Hochwasser gefahren war, gegen eine Gemeinde auf Schadenersatz blieb erfolglos. Das Landgericht Coburg konnte einen Verstoß der Gemeinde gegen Sicherungspflichten nicht feststellen.

Im Januar 2011 kam es infolge Dauerregens und starker Schneeschmelze zu Hochwasser des Flusses Rodach. Dieses Hochwasser überschwemmte eine gemeindliche Straße. Um 6.30 Uhr wurde der Leiter des Bauhofes der Gemeinde über diese Überschwemmung benachrichtigt. Er begab sich zum Bauhof und begann, Absperrungsmaßnahmen für die überschwemmte Straße einzuleiten. Die Klägerin fuhr gegen 7.30 Uhr mit ihrem Pkw zur Arbeit. Etwa einen Kilometer von ihrer Wohnung entfernt fuhr sie auf die überschwemmte Straße. Der Motor ihres Pkws zog Wasser und wurde zerstört.

Die Klägerin wollte nun 7.255,00 Euro Schadenersatz von der Gemeinde, weil diese Gefahrenstelle zu spät habe absperren lassen. Das Wasser sei für sie aufgrund der Dunkelheit spät erkennbar gewesen.

Die Gemeinde verteidigte sich damit, dass sich ihr Bauleiter unverzüglich zum Bauhof begeben habe. Er habe Mitarbeiter für die Absperrung eingeteilt und die Verladung des erforderlichen Materials veranlasst. Die Sperrung der überfluteten Straße sei zunächst auf derjenigen Seite erfolgt, die an eine Bundesstraße angrenze, um ortsunkundige Fahrer vom Gefahrenbereich abzuhalten. Anschließend habe man den überfluteten Bereich mehrere Kilometer umfahren müssen. Ein zögerliches Verhalten der Gemeinde liege keinesfalls vor. Darüber hinaus sei die Unfallstelle aus der Fahrtrichtung der Klägerin gut überschaubar und von Straßenlaternen ausgeleuchtet gewesen. Die Klägerin müsse zu schnell gefahren sein.

Das Gericht stellte im Rahmen der Beweisaufnahme fest, dass die Sperrung durch die Gemeinde um 7.30 Uhr in Richtung der Bundesstraße und 7.45 Uhr auf der Gegenseite erfolgt ist. Jedoch konnte das Gericht keine Pflichtverletzung der Gemeinde erkennen. Der Leiter des Bauhofes der Beklagten habe zunächst Mitarbeiter informieren müssen, dann das Absperrmaterial auf Fahrzeuge laden lassen. Die gemeindlichen Mitarbeiter hätten ohne Zögern gehandelt. Das Gericht wies darauf hin, dass die Gemeinde zwar für die Sicherung ihrer Straßen verantwortlich ist. Dazu gehöre es, Gefahren auszuräumen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind. Die Straßennutzer können jedoch nicht eine völlige Gefahrlosigkeit erwarten. Sie müsse die Verkehrsfläche so hinnehmen, wie sie sich darbiete und ihr Verhalten den gegebenen Verhältnissen anpassen.

Nach den Feststellungen des Gerichts hat dies die Autofahrerin nicht getan. Deshalb würde sie selbst bei Vorliegen einer Pflichtverletzung der Gemeinde keinen Schadenersatz erhalten. Die Klägerin wohnt in unmittelbarer Umgebung der Unfallstelle. Sie wusste, dass die Straße im Winter mindestens einmal überflutet ist. In der Nacht vor dem Unfall gab es heftige Regenfälle und die Schneeschmelze setzte ein, was die Klägerin bemerken musste. Ein sorgfältiger und vorausschauender Kraftfahrzeugführer hätte mit der Möglichkeit der Überschwemmung rechnen müssen. Die Klägerin durfte sich nicht darauf verlassen, dass die Gemeinde die Straße schon rechtzeitig sperren werde. Dies gilt um so mehr, da sich der Unfall in den frühen Morgenstunden ereignete und angesichts der nur von Anwohnern genutzten Straße keine pausenlose Überwachung, insbesondere zur Nachtzeit, von einer kleinen Gemeinde geleistet werden kann. Daher wies das Gericht die Klage rechtskräftig ab. (21 O 7237/11)

QUELLE: Landgericht Coburg